Blog

Der Weg

29.01.2017 Allgemein Keine Kommentare

Ich befinde mich auf einer Insel im Atlantik. Ein alter Traum ist in Erfüllung gegangen: den Winter auf einer Insel im Meer zu verbringen. Ich habe viel Zeit, nicht nur um zu scheiben und zu lesen, sondern auch, um über das Schreiben nachzudenken. Es ist mit dem Schreiben manchmal wie mit dem Wandern oben in den Lavabergen.

Die Landschaft ist mir oft fremd. Manchmal ist es schwierig, den Weg, den ich eingeschlagen habe, überhaupt noch wahrzunehmen. Zu schroff oder felsig erscheint das Gelände vor mir. Das ist der Moment, habe ich gelernt, um innezuhalten, stehen zu bleiben, sich umzusehen. Wohin hat mich mein Weg geführt? Was kann ich hier erfahren?

So war es auch heute, in einer Schlucht oben, in den Bergen. Wäre ich zielstrebig weiter gegangen, um mein Ziel zu erreichen, ich hätte sie nicht wahrnehmen können. Ich war stehen geblieben, betrachtete die schwarzen Lavasteine am Wegrand, genoss die Sonnenwärme auf dem Rücken. Jede Spalte oder Höhle zwischen den Felsen hatte ihre eigene Farbschattierung, rötlich. Die Mandelbäume am Rande der Schlucht standen in Blüten. Ein Teil dieses Felsentales ist ein ausgetrocknetes Bachbett, in dem aber bereits wieder kleine Büsche wachsen. Auch ein weißer Plastikeimer war irgendwann angeschwemmt worden, und ist zerstört liegen geblieben, zwischen Felsbrocken, bleich, fast schon Teil der Natur.

Bachbett und Weg sind klar voneinander unterschieden, das kann ich nach der Ruhepause sehen. Und weiter gehen.

Als ich den Fuß wieder auf den Weg setzte, blendete mich ein gelber Lichtstrahl. Ich fand – die Distel. „Genau so“, dachte ich, als ich die strahlende, zitronengelbe Erscheinung ihrer Blüte, fast schon unter meinen Füssen, wahrnahm, „genau so überraschend ist es manchmal mit dem Schreiben!“

 

29.01.2017

Tags:





Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Die Kommentare sind geschlossen.