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Die Spurlosigkeit gesprochener Sprache

07.08.2021 Allgemein Keine Kommentare

 

Es ist ein Regentag, ein kühler Sommermorgen Anfang August in der Deutschschweiz, ich frage mich: was ist schon wieder alles zwischen mich und die Kunstarbeit gekommen? Es war nicht nur etwas, sondern viel, es war eigentlich: mein Sommerleben; und eine unerwartete Übersetzungsarbeit, dazu noch ein Projekt in Italien, ich habe mir schon wieder zu viel aufgehalst, «zu viel zu tun».

 

Die Tage wechseln immer wieder Windrichtung. In den letzten Wochen hat sich mein Leben stark nach Aussen orientiert. Ich war innerlich und äusserlich «unterwegs», aber nicht «in den Ferien». Ich befinde mich jetzt wieder in Schongau, an meinem Schreibtisch. Am Buchprojekt «Freundschaft Genossin» habe ich seit Langem nicht mehr geschrieben, auch nicht auf dem Laptop, der doch immer dabei war. Gelesen habe ich, zu den Hauptthemen des Buches, beispielsweise Charles Eisensteins Buch «Klima».

Vorgestern war eine kalte Regennacht, ich habe schlecht geschlafen. Das Grenzgehen zwischen Tag und Traum lösten sich gestern früh in Erschöpfung auf. Hatte ich mich unter den vielen Regenfällen am Vortag erkältet? Es sind diese Lebens-Momente, in denen sich der sachlich so gut verwaltete Alltag kurz auflöst, eine kleine Krise entsteht, bleibt, ist scheinbar endlos, geht vorbei. Heute kam eine Öffnung für den kreativen Fluss – scheinbar mühelos. Ich beginne wieder zu notieren, dann, zu schreiben, ein weiteres Kapitel für «Freundschaft Genossin». Dazu notiere ich den Umriss des Kapitels, einige Stichworte, beispielsweise «Maiskorn».

 

In «Freundschaft Genossin» geht es ja darum, was eine Gruppe von Menschen einander erzählt. Sie rufen die Welt hervor mit ihren Erzählungen – eine neue Welt, eine Welt des Herzens.

In diesem Kapitel «Mais» will ich mich mit der «Zartheit», der «Weglosigkeit» der gesprochenen Sprache des Erzählens beschäftigen. Es ist das rein mündlichen Erzählen, ohne Schrift, wie es zehntausende von Jahren lang übermittelt wurde. Und darüber werde schreiben ich in diesem Kapitel.

Heute allerdings mache ich mich auf, um «Mais» zu finden, zu studieren, zu zeichnen. Der Maiskolben, den ich finde ich noch unreif. Ich hatte vergessen, wie feuchter Mais riecht, fremd, vertraut, herb.

Im eben begonnenen Kapitel «Mais» ist es Nora, die erzählt. Ihre Geschichte entfaltet sich aus einem Maiskorn:

 

 

«Spurlos verschwunden sind die Gesänge der Menschen, die hier lebten. // Spurlos verschwunden ist auch das, was sie einander erzählten, in tausenden Jahren. // Spurlos ist die lange Geschichte der Menschen, wenn sie keine handfesen Dinge zurücklassen. // Ein Hauch alten Sagens ist noch hier, das tut gut. // Geblieben sind einige Körner Mais.»

 

 

 

 

 

 

 

BLOG ZUM BUCH: «Freundschaft Genossin» ist ein neuer Roman an dem ich schreibe. In diesem BLOG berichte ich über die Arbeit am Text.

07.08.2021

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