Karin Koppensteiner 12.06.2021 Allgemein Keine Kommentare
BLOG ZUM BUCH: «Freundschaft Genossin» ist ein neuer Roman an dem ich schreibe. In diesem BLOG will ich über die Arbeit am Text berichten.
Arbeiten an einem Roman ist Arbeit wie jede andere auch. In den vergangenen Monaten setzte ich mir für die Schreibarbeit täglich einen Zeitbereich von etwa vier Stunden. Für die anderen Arbeiten, zu der beispielsweise auch dieser Blog gehört, oder das Organisieren und Vorbereiten der Kurse, aber auch eine experimentelle Facebook-Seite, die ich mittlerweile wieder still gelegt habe, sowie für Emails gebe ich täglich weitere ein bis drei Stunden her.
Für diesen dritten Teil der Trilogie mit Arbeitstitel «Freundschaft Genossin» habe ich keine Abgabe-Frist. Von mir aus würde ich das Buch Ende 2021 fertig für das Lektorat haben. Das Thema ist aktuell, wie immer experimentiere ich viel, trotzdem möchte ich das Buch gerne bald abschliessen.
Mit einiger Dringlichkeit und Eile schreibe ich heute – offline – diesen neuen Blog-Beitrag für die Entstehungsgeschichte des Romans. Ich werde ihn später ins Internet hochladen. Der erste Beitrag des Monats ist ausgefallen. Warum?
Ich habe meine Arbeit unterbrochen und bin einfach weggefahren. Die während der letzten Covid Pandemie-Wellen lange gewünschten «Ferien», dieser Wunsch «Endlich Tapetenwechsel!» ist Wirklichkeit. Wieder, wie schon im letzten Herbst (siehe Blogbeitrag im September 2020), habe ich mich in eine Hütte ohne Internet und Telefonanschluss zurückgezogen. Diesmal gemeinsam mit meinem Mann. Wir geniessen die Nähe, die uns die kleine Grundfläche der Steinhütte vorgibt – 16m2 unten, 16m2 oben, eine steile Treppe zwischen den beiden Räumen. Viel freier Raum ist in der Natur draussen, das wilde Land eines buddhistischen Zentrums als Nachbar, freundschaftliches Land. Die Wildschweine sind schwarz, das Stachelschwein treffen wir erst gegen Mitternacht, die Rehe bellen, eine helle Eule jagt auch tagsüber, gleitet in geringer Höhe über die grasigen Hügel, die Macchia. Die Schafherde eines Nachbarn, dessen Haus weit weg ist, wird mittlerweile von sechs grosse Hirtenhunden begleitet. Ich beobachte Hunde und Herde fast täglich. Es ist faszinierend wie die Maremmanen scheinbar ohne Kommando die grosse Herde leiten (und schützen).
Eigentlich wollte ich in der vergangenen Woche hier weiterarbeiten. Laptop, Bücher, Notizhefte waren bereit, zwei Bücher zum Lesen waren mitgekommen. Das eine Buch ist «Klima» von Charles Eisenstein, deutsche Version, das zweite «Training in Tenderness» von Dzigar Kongtrul Rinpoche. Während einiger Tage voller Gewitter, Regen und Regenbogen las ich gelegentlich, dabei wurde die Zeit immer langsamer. Eine vertraute, tiefe innere Ruhe erschien und blieb. Einfachheit im hier-Sein bestimmt die Tage, Ambitionen klangen ab wie Zahnschmerzen. Immer weniger kamen innere Kommandos wie: «Müssen, Sollen, Wollen». Stattdessen war ich in einem Raum der Ruhe und auch der Müdigkeit angekommen.
Da erst bemerkte ich, wie auch mir die Unsicherheiten der Covid-19 Pandemie, samt allen Variationen, Kraft gekostet haben. Das Navigieren zwischen öffentlichen und privaten Meinungen, mir Eingestehen, immer wieder, dass ich selbst nicht Bescheid weiss, aber sicherlich keine Sündenböcke benötige, das Recherchieren in Wissenschafts-Reports, die Impf-Entscheidung, das freundliche und bestimmte Wiedersprechen, wenn liebe Bekannte plötzlich in Internet-Echokammern der Paranoia abglitten. Alles das hat offensichtlich mehr Kraft gekostet, als ich eigentlich zur Verfügung hatte. Nun kann ich müde sein.
Manchmal wurde in dieser kurzen und dramatischen Vergangenheit des letzten Winters auch das Schreiben mühevoller. Die Inspiration kam immer wieder zurück, weil in diesem dritten Teil der Roman-Trilogie mein Thema «Unsere gemeinsame neue Welt» ist. Das «Wir» steht im Mittelpunkt dieses dritten Teils. Diese «Neue Welt» gestalte ich im Erzählen, bewusst: «Freundschaft Genossin» ist mein Betrag zum inneren Wachstum aller, auch meiner selbst. Ich erfreue mich an dieser Arbeit, meine Fürsorge und Liebe sprudelt über die Geschichte in meine Mitwelt. Kritik wird pointiert gesetzt, klar, und doch, nebenbei, innerhalb einer Geschichte.
Allerdings hatte ich bei unserer Abreise nicht mit dieser Müdigkeit gerechnet. Ich habe ihr nachgegeben, von ihr gekostet, sie kuriert, ausgeschlafen. Viele der Freunde hier in Italien sind von den mehr als einem Jahr Pandemie sehr mitgenommen. Es hat hier strengere Regeln gegeben, als in der Schweiz, und dramatischere wirtschaftliche Konsequenzen. Ich spüre auch ihre Unsicherheit, ihre Verwandlung, Traurigkeit, wilder Mut?
Langsam kommt die Sonne hervor.
Noch einige Tage hier, im «Parco Naturale» mit dem Dickicht der Gräser und grünen Pflanzen, den wilden Tieren, nachts mit dem Gesang der Nachtigall, dann kehre ich zurück in mein Büro in die Schweiz. Die Arbeit am Roman wird wieder Fahrt aufnehmen. Ich sehe ein grosses Boot mit geblähten Segeln schnell über das Wasser gleiten.
Karin Koppensteiner 17.02.2021 Allgemein Keine Kommentare
Das Jahr 2021 habe ich mit einem Experiment begonnen: Ich versuche, den einsamen Prozess des Schreibens zu dokumentieren, allerdings natürlich nur sehr punktuell. Es geht um mein neues Buch, dritter Band einer Trilogie, mit dem Arbeitstitel «Freundschaft Genossin».
Mit dem BUCH-BLOG dokumentiere ich die Entstehung eines Romans. Ich habe das Experiment auch auf eine gleichnamigen Facebook-Seite ausgedehnt: Freundschaft Genossin @fraukoppensteiner.
Was ich versuche, ist das Gegenteil des Schreibens im klassischen Elfenbeinturm. Schon der Anfang der Geschichte, der Entstehungsprozess, ist laut, nicht still. Das hat sicherliche auch mit der Covid-19 Pandemie zu tun und unserer kollektiven Erfahrung des Rückzugs.
In den letzten Monaten von 2020 war ich mit BONSAI beschäftigt, den Korrekturen im Layout, dem Warten auf das Buch, der Mithilfe beim Vermarkten, Video-Lesungen, Zoom Lesungen. Es war schwierig unter Pandemie-Bedingungen mit geschlossenen Buchhandlungen das Buch zu seinen Lesern zu bringen.
Und nun kommt sie fröhlich daher, sagt «Freundschaft Genossin», die Muse, sie ist diesmal mein inneres Kind, das habe ich schon herausgefunden, seit ich mit der Arbeit begann. Seit fast einem Jahr trage ich neue Ideen mit mir herum, ab und zu taucht etwas auf, eine Idee, einige Sätze, ich notiere, sinniere, träume. „Freundschaft Genossin“ kommt auf die Welt.
In den letzten Wochen sortierte ich bereits vorhandenes Material, das sich angesammelt hatte, Notizen.
Ich durchsuchte auch mein Fotoarchiv – alte Schwarzweiss Fotos schickten mich auf Zeitreisen.
Zu Beginn einer langen Kunst-Arbeit finde ich es nicht nötig, mich zu disziplinieren oder vor Ort einzufinden. Es ist zu früh, um in einen kontinuierlichen Arbeitsfluss einzutreten. In dieser Phase des Sammelns und Sortierens, erster Schreibversuche und der Recherche, ist das fruchtbare Chaos erlaubt. Es ist ein wenig, wie einen Hefe-Teig zubereiten: Alle Zutaten müssen zusammenkommen, nur so laufen chemische Prozesse ab. Ich gebe mir selbst den Raum unerwartetes zu entdecken, neue Perspektiven für mich zu öffnen.
Beispiel: wenn ich Hausarbeit mache, oder, wie kürzlich, einen Pullover stricke, dann sehe ich mir gleichzeitig YouTube Videos an. Meistens sind es Vorträge. Plötzlich tauchen ganz unerwartete Querverbindungen zu meinen Themen auf. Diese Themen, haben sich im letzten Jahr langsam zusammengefunden.

Themen-Liste – wie strahlende Blüten
- Wie ist es, wenn Menschen, so wie ich es in Wien als Kind erlebt habe, einander mit «Freundschaft Genosse» (oder jetzt, zB «Hello brother!») grüssen? Die Essenz davon ist das Wort «Freundschaft!» oder Verwandtschaft, also nicht «Verschwinde!» oder «Lass mich in Ruhe!» oder das distanzierende Schweizer«Grüezi!».
- Die alte Utopie des sozialistisch agierenden Kollektivs.
- Die Generation der kritischen, spirituellen und/oder politischen Avantgarde der 1960er/70er Jahre trifft auf die sehr jungen «Klima-Streiker» und «Rebellen» (zB «Extinction Rebels»). War ich doch selbst einmal Rebellin.
- Was können diese so unterschiedlichen Altersgruppen einander geben?
- Meine Kindheit in einer sozialistisch-kommunistischen Arbeiterfamilie in Wien.
- Das andere wichtige Wort aus meiner Kindheit und Jugend, das mir als ein Schlüsselwort für 2021erscheint ist das Wort«Solidarität».Ich will es aus meiner Erfahrung/Lebensgeschichte hervorholen und beobachten.
- «Bodhicharyavatara»von Shantideva. Das ist ein buddhistischer Text aus Indien, dem 8. Jhd. Studien, Themen, Exzerpte = Die Lebensweise eines Bodhisattva als gelebte und aktive Freundschaft mit allen Lebewesen.
- Globale Situation Pandemie Covid-19 und Mutationen.
- Schön wäre, könnte ich mehr über Viren und Bakterien lernen, das will ich schon lange. Lynn Margulis’ Buch aus den 1990ern: «Die andere Evolution» hat mich vor etwa einem Jahr auf diese Spur gebracht.
Orte der Handlung Noch nicht entschieden.
Aus den ersten Ausflügen zur Inspiration und aus den ersten Skizzen scheint sich als Ort der Handlung wieder «Das Seehotel» am grünen See herauszukristallisieren. Anmerkung für die BLOG-LeserInnen: «Das Seehotel» ist ein frei erfundener Ort an einem konkret existierenden Bergsee. Dort ist der «Der Pilgerweg heim» (Teil 1) grösstenteils angesiedelt.
Personen Wird das Seehotel noch einmal Ort der Handlung, dann wird es wohl noch immer von Adelheid und Franco bewohnt sein wird. Für die Jugendlichen will ich recherchieren, da freue ich mich drauf. Ich habe in meinem Umfeld leider keine jungen, verletzlichen «Extinction Rebels».
Erstes Vorgehen

Internet-Recherche zu den Themen «Klimastreik» und «Extinction Rebellion». Dass ausgerechnet zu Beginn dieser Arbeit, Anfang Januar 2021, eine Zoom-Begegnung zwischen SH 14. Dalai Lama und Greta Thunberg stattfindet, freut mich. Diese Begegnung, auch mit den Wissenschaftlern, drückt genau das aus, worum es in dem Text gehen soll – die Querverbindungen zwischen vielen kraftvollen und herzlichen alten Traditionen und neuen Bewegungen.
In meinem Büro-Computer habe ich schon drei Ordner für die neuen Texte und auch für diesen BLOG angelegt. Steht alles mit rotem Punkt markiert auf dem Desktop.
Der erste materielle Kartonordner steht auch schon da: mit Blumen bedruckt, aus Italien mitgebracht. Darin habe ich die ersten ausgedruckten ersten Texte gesammelt.
* Wichtig: ich habe bereits einen neuen USB Stick aus der Verpackung geholt. Darauf wird die jeweils letzte Version von «Freundschaft Genossin» täglich abgespeichert und ausserhalb des Büros deponiert.
Einmal monatlich soll dieser BLOG ZUM BUCH erscheinen. Ich freue mich sehr wenn möglichst viele an kreativer Arbeit Interessierte diesen Blog lesen, davon inspiriert werden – und ihn auch weiterempfehlen.