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Karin Koppensteiner 02.09.2021 Allgemein Keine Kommentare
Erzählen auf dem Wind
Stille – wie drücke ich Stille aus – im Erzählen mit Worten?
Wie im vorhergehenden Blogbeitrag über die Entstehung des neuen Romans «freundschaft genossin», versuche ich auch hier zu beschreiben, wie ich mich im Erzählen einer Geschichte übe. Eine Geschichte schreiben will ich, so leicht, wie auf eine Brise Wind gesprochen .
Im «Maiskorn» erzählt «die neue Frau» Nora eine Verflechtung von Geschichten aus der Vergangenheit. Die Vergangenheit kommt dadurch nicht zurück. Aus unserer Vergangenheit sind uns vage Bilder geblieben, Gesichter längst Verstorbener, Eindrücke, Gerüche, Kinder. Alles wird erzählt. Ich bin die Erzählerin, die erzählt, wie jemand anderer erzählt, was ich erzählen möchte. Bilder verweilen kurz, innerlich in Schwebe, auch Klangbilder, während die Protagonisten jeder einzelnen Geschichte von «freundschaft genossin» ihr Erzählen fortsetzen und immer wieder alles ins Leben rufen. Sie erzählen einander die Welt, eine bessere Welt, eine alte Welt, eine stille oder eine laute Welt.
Kaum je befinden sie sich dabei in der Gegenwart. Ist es ihr Abschweifen in die Vergangenheit, das die Welt nicht neu erschafft? Kann eine neue Art des Erzählers die Welt verändern?
Die Erzählenden im Kapitel «Maiskorn», lauschen gelegentlich, innehaltend im Fluss der Wörter, so wie ich jetzt: hinhören auf die leisen Töne, etwa wie der Wind im Gelb der Maisblüten klingt, die Melodie der Pappeln am Bach, das langsame Schwinden der Grillengesänge im September, eine Fremdsprache, und wieder ein Flugzeug hoch am Himmel.
Um diese Spannung der Stille im Worteflechten halten zu können, tut es mir manchmal gut, einfach wegzugehen. Ich nehme mir einen halben Tag frei.
Kreativität will immer wieder genährt sein. Ich fahre an einem Nachmittag vom Bauernland weg, spontan und planlos, an einen Ort, der mich inspiriert – ich fahre «in die Stadt». Diesmal ist es, wieder einmal, das Rietberg Museum in Zürich, wo ich lande.

Eine alte chinesiche Holzfigur, grösser als ich selbst.
Die Bronze-Statuen aus dem Himalaya-Raum, bis ins 8. Jahrhundert zurückdatiert, strahlende Stille.
Ich verliere mich im Tanz der alten Tonfiguren,
tanze mich durch tausende von Jahren, durch mich, in die Welt.
BLOG ZUM BUCH: «freundschaft genossin» ist ein neuer Roman, an dem ich schreibe. In diesem BLOG berichte ich über das Arbeiten am Text.
Karin Koppensteiner 21.02.2019 Allgemein Keine Kommentare
Ich möchte mich dem Thema Meditation und Tagebuchschreiben weiter annähern. Warum biete ich in meinen Kursen an, Meditation, Stille und autobiografisches Schreiben zu verbinden?
Es tauchten kürzlich Fragen auf, wie: „Was ist dieser «authentische Zugang» zu mir selbst? Was hat das mit «Spiritualität» zu tun? Und wozu brauche ich die?“ Gute Fragen, gute Antworten:
Schreiben – auch autobiografisches und Tagebuchschreiben – ohne authentischen Zugang zur tiefen Wahrnehmung von eigener Befindlichkeit, Gefühl und Bedürfnissen ist Zeitverschwendung. Ohne Selbstkontakt beschreibe ich im Tagebuch bestenfalls eine Welt, die nicht wirklich etwas mit mir zu tun hat und über Probleme mit anderen, die auch nicht wirklich mit mir zu tun haben. Was ich schreibe erscheint dann sogar mir selbst belanglos oder schal. Ich höre nach einigen Tagen wieder auf ein Tagebuch zu führen. Der Kontakt zu den tieferen Schichten meiner Existenz habe ich damit erfolgreich verhindert.
Ist mir hingegen «meine Spiritualität» wichtig, dann suche ich Einheit hinter dem Kaleidoskop der alltäglichen Ereignisse. Viele Menschen finden einen Vorgeschmack, eine Annäherung an diese Ganzheit, in der Natur der Bergwelt, im Sport oder in der Sexualität. Manche geübte Meditierende finden sie überall, in innigem Dasein, ohne Suche nach äußeren Reizen.
In der «Meditation» bin ich bewusst ganz mit mir, so wie ich mich gerade vorfinde, mit dem Lärm meiner Gedanken, dem juckenden Unterarm und dem Straßenlärm von draußen. Bleibe ich dabei, alles so zu belassen, wie es ist, und einfach mit mir da zu sein wo ich bin, kann langsam oder schnell eine tiefe Ruhe einkehren. Beschrieben haben es Menschen mit: „Ich bin bei mir angekommen“ oder: „Noch vorhin war ich so unruhig und gehetzt, jetzt scheint mir das alles nicht mehr so wichtig. Es ist schön einfach hier zu sitzen“.
Dann kann ich das Heft aufschlagen, aus dem Fenster oder in meine Traumwelt schauen und alles aufschreiben, was gerade ist oder was mir durch den Kopf geht. Einfach so. Vielleicht in einer wunderbaren Wintervollmondnacht.

«Spontaner Selbstausdruck – Meditation – Schreiben» das sind weiterhin die Themen dieser Serie von Blog-Beiträgen.
Karin Koppensteiner 20.12.2018 Allgemein Keine Kommentare
Das Thema der Blogeinträge der nächsten Monate ist, wie schon angekündigt, Meditation und Kunst.

Meditation bringt aus der Stille Bewegung hervor. Sich zurückzuziehen bringt den geschäftigen Geist zur Ruhe. Das klingt wie ein Gegensatz, ist aber keiner.
Um aus dem vollen Brunnen der Kreativität schöpfen zu können, muss man zuerst einmal in der Lage sein, diesen Brunnen zu finden. Im Alltag glauben wir manchmal, wir müssten nur „alles unter Kontrolle“ haben, dann könne ja nichts schief gehen. Manchmal, etwa wenn wir pünktlich zu Terminen erscheinen, oder das Auto im Straßenverkehr souverän lenken wollen, ist diese Kontrolle auch nützlich.
Stehen wir allerdings vor neuen Herausforderungen und unser altes Repertoire, unsere Erfahrungen, reichen nicht mehr aus, kann es hilfreich sein, sich erst einmal aus dem Geschehen zurückzuziehen. „Ich meditiere jetzt ein bisschen“, nennen das manche. Rückzug, Alleinsein, Stille, aus dem Fenster schauen, ein Vollbad im Halbdunkeln – irgendwann beruhigt sich der Geist. Die Gedanken verlangsamen sich, die innere Hektik lässt nach. Nur – das ist noch lange nicht«Meditation». Das ist einfach „sich abregen“, als Gegensatz von „sich aufregen“.
Meditation bedeutet für mich, alte, seit langem überlieferte Meditations-Techniken anzuwenden, um mit tiefen Schichten meines Menschseins wieder in Kontakt zu kommen. Diese Techniken sollten, nachdem sie erklärt wurden, auch geübt werden. Während des Übens kann es anfangs schwierig sein, innerlich zur Ruhe zu kommen. Die Gedanken schwirren durcheinander, wie nie zuvor. Oder besser: wir bemerken plötzlich, wie viele Gedanken gleichzeitig schwirren können. Beachten wir sie nicht, wird auch die Bewegtheit weniger. Neue Ebenen, bisher unbekannte Welten werden sichtbar und erfahrbar.
Tief durchatmen, Stille. Dann – ein Gedanke taucht auf, fliegt auf, wie ein Vogel, verschwindet. Stille.