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Tagebuch schreiben – erzählte Historie

24.05.2020 Allgemein Keine Kommentare

Schon mehrmals bin ich in meinen Blogs darauf eingegangen, wo ich die Unterschiede sehe zwischen dem Tagebuch schreiben und dem autobiographischen Schreiben. Zum Beispiel im Blog von August 2019. Vor allem, wenn das Tagebuch in seiner Form als „Mental Health Tool“ zur Anwendung kommt, also einfach gesagt, als hilfreiches Ventil in Extrem-Situationen, unterscheidet es sich wesentlich von einer Geschichte, die ich für Publikum über mein Leben schreibe. Ein Tagebuch ist etwas intimes, ich schreibe nur für mich. Erst und ausschließlich wenn ich mich entschieden habe, Teile meiner Geschichte öffentlich zu machen, wechsle ich die Perspektive und die Art des Erzählers (Narrativ). Von einem Schreiben das ausschliesslich subjektiv und nach innen gerichtet war – das Tagebuch – werde ich eine moderate Form von «Zensur» anwenden, die davor hinderlich ist.

Für die Öffentlichkeit schreibend und auch zu einem bestimmten Thema, hat nicht mehr alles in meiner Geschichte Raum. Ich werde bestimmte Dinge, Zustände oder Sichtweisen nicht mehr alle  preisgeben. Auch werden bestimmte Personen, die ich so schützen will, im autobiographisch Geschriebenen nicht mehr vorkommen, eventuell nur noch mit geändertem Namen. Ein Perspektivenwechsel ist vollzogen: ich schaue nicht mehr nach innen und schreibe alles direkt so auf, wie es für mich ist. Ich schreibe, nach aussen schauend, auf mein mögliches Publikum. Das Foto zeigt mich bei einer Ausstellung von Yoko Ono in London. Jeder Besucher durfte einen Lebenswunsch an einen der kleinen Wunschbäume hängen. Dieses Foto kann ich sowohl völlig subjektiv als Tagebuch-Eintrag beschreiben, aber auch im Stil des autobiographischen Schreibens. In dem Fall werde ich vielleicht auch nicht mehr den Wunsch aufschreiben, den ich damals auf den Zettel schrieb.

 

 

Übung der Woche: Schreibe einen kurzen, ehrlichen und authentischen Tagebuch-Eintrag, zum Beispiel über ein denkwürdiges Frühstück, das dir in Erinnerung geblieben ist. Danach versuche dieselbe Geschichte noch einmal niederzuschreiben. Diesmal mit der Idee, diese Geschichte zu veröffentlichen. Achte dabei genau auf die Gefühle, die beim Schreiben auftauchen.

 

 

Im zweiten Halbjahr 2020, nach der Corona-Krise, werde ich sowohl direkt und online via Zoom, als auch im gewohnten Format einer Zusammenkunft an einem Ort, Kurse für »Autobiographisches Schreiben» anbieten.

24.05.2020

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