Von der Realität des Flanierens im Web
Kürzlich schrieb ein bekannter Autor in einer großen Schweizer Tageszeitung eine Art Essay über das fast absichtslose Herumstreifen im Internet. Darin nimmt er Bezug auf das bereits seit Langem gepflegte, und noch immer beliebte Vor-Sich-Hingeben, auch Flanieren genannt.
Im Gegensatz zu einem Wanderer, der schnell von A nach B gelangen will geht ein Flaneur aus Lust am Gehen, durchquert langsam ein Stück Landschaft. Es gibt bei dieser Art des Gehens Zeit für Entdeckungen, für Steifzüge der Gedanken, tagträumen, und immer wieder auch Zeit für das Stehenbleiben, sich Umblicken, Schauen, Riechen, Genießen.
Nun ist die Idee des Schreibers jenes Essays, in modernen Zeiten wie den unseren flaniere man/frau durch das Internet, anstatt durch die Natur. Man browse von einer Seite zur nächsten, habe dabei ähnliche Erlebnisse des „Findens“, des „Genusses“ wie ein Spaziergänger.
Am darauffolgenden Tag mache ich einen Waldspaziergang: langsam und genüsslich die Gerüche des nassen Laubes einatmend, ein Orchester der Klänge von Blättern unter meinen Füßen. Erstes Sonnenlicht hinter den Bäumen, fast schon hellblau, der Himmel. Ich blickte auf den Weg. Vielgestaltige Blätter, gezackte, rote, gelbe, braune, runde, zerrissene. Ich weiss, dass in meinem Gehirn eine riesige Anzahl von Nerven am Auswerten der Daten ist. Dasselbe macht meine Kompakt-Kamera, die ich vor mich halte, das elektronische Auge. Blicke auf den Weg, während ich gehe. Das ist, was das Kamera-Auge wahrnimmt und reproduziert.
28.10.2017